Habt ihr schon mal von Oxymel gehört? Wenn nicht, seid ihr nicht allein, auch mir ist es erst seit Kurzem ein Begriff. Zur Erklärung: Beim Oxymel handelt es sich um einen medizinischen Sirup aus Honig und Essig, für dessen Anwendung sich bis in die Antike Belege finden. Der Name leitet sich vom griechischen “oxy” = sauer und “meli” = honig ab, weshalb es auch als Sauerhonig bekannt ist. Obwohl sich in den letzten 2500 Jahren diverse Arzneibücher mit dem Oxymel auseinandergesetzt haben, ist es heutzutage kaum mehr bekannt. Auch ich bin eher zufällig in einem hübschen Kräuterladen auf die Oxymel-Medizin aufmerksam geworden. Das dort erstandene Oxymel mit Bitterkräutern habe ich seither regelmässig eingenommen und zudem viel Neues über den Sauerhonig gelernt. Dieses Wissen möchte ich nun mit euch teilen.

Zur Geschichte des Oxymels
Die älteste bekannte Dokumentation von Oxymel erfolgte durch Pythagoras (570–510 v. Chr.), welcher die kräftigende Wirkung eines Meerzwiebel-Oxymels beschrieben hat. Eine Grosszahl der nachfolgenden Schriften, in welchen der Sauerhonig Erwähnung findet, stammen aus dem Mittelalter, der Renaissance und der Neuzeit. In den überlieferten Rezepten wurden gewöhnlich Essig und Honig (evtl. mit weiteren Zutaten) abgekocht, was zwar mit einem kleinen Verlust an Wirkstoffen einherging, dafür aber die Haltbarkeit verlängerte.
Auch nachdem das Oxymel in der modernen Medizin zunehmend in Vergessenheit geriet, wurden Honig und Essig in der Heilkunde weiterhin angewendet. Unwissentlich entwickelte der Arzt D. C. Jarvis (1881–1966) sogar eine dem Oxymel sehr ähnliche Medizin, welche er “Honeygar” nannte. Dabei handelt es sich um eine Wortzusammensetzung von “honey” = Honig und “vinegar” = Essig. Jarvis empfahl Honeygar zur Stärkung der Gesundheit und Reinigung des Körpers.
Die aktuelle Wiederentdeckung und Weiterentwicklung des Oxymels im deutschsprachigen Raum ist grösstenteils Gabriela Nedoma zu verdanken, welche durch eine Vorlesung über mittelalterliche Literatur erstmals auf den Begriff des Oxymels gestossen ist. Ihre nachfolgenden Recherchen und Experimente haben zu einer Monographie über Oxymel geführt, über welche ihr auf oxymel.de mehr nachlesen könnt. Basierend auf den überlieferten Quellen, sowie wissenschaftlicher Analysen der Inhaltsstoffe hat sie neue Oxymelrezepte entwickelt, welche grösstenteils ohne Abkochung erstellt werden, um möglichst viele Inhaltsstoffe zu erhalten.
Inhaltsstoffe & Heilwirkung
Oxymel besteht in seiner einfachsten Ausführung nur aus Honig und Essig. Honig besitzt eine entzündungshemmende und antiseptische Wirkung und war bereits in der Steinzeit als Nahrungsmittel und vermutlich auch als Heilmittel bekannt. Auch der Essig wird seit langem für seine gesundheitliche Wirkung geschätzt, z.B. ist von Hippokrates (460 — 370 v. Chr.) die Therapie von Atemwegserkrankungen und Verdauungsbeschwerden durch Essig überliefert. In der Kombination von Honig und Essig verstärkt sich die medizinische Wirkkraft. Laut Gabriela Nedoma kann Oxymel bei Atemwegserkrankungen, zur Senkung der Blutzucker- und Cholesterinwerte und zur Wundheilung eingesetzt werden. Zudem wirkt Oxymel antibiotisch und antioxidativ, fördert die Verdauung, wirkt antidepressiv und kann sogar bei der Bekämpfung von Krebszellen helfen. Bei schweren Erkrankungen muss die unterstützende Behandlung durch Oxymel selbstverständlich mit einem*einer Ärzt*in abgesprochen werden.
Oxymel kann auch als Tinktur mit Heilpflanzen angesetzt werden, wodurch sich weitere Wirkungen ergeben. In Oxymel sind nach Nedoma insbesondere ätherische Öle, Schleimstoffe, Gerbstoffe, Schaftstoffe Antocyane, Flavonoide, Carotine und Vitamine gut löslich. Einige Rezepte für Oxymel-Tinkturen finden sich in Nedomas Buch, es können jedoch auch gut eigene Rezepte kreiirt werden.
Anwendung
Oxymel hat zwar einen sauern pH-Wert von 3–4, fördert jedoch einen basischen Stoffwechsel. Daher ist er eine gute Nahrungsergänzung und kann zur Unterstützung der Verdauung täglich eingenommen werden. Eine regelmässige Einnahme ist ebenfalls eine gute Prophylaxe gegen Atemwegserkrankungen, erhöhte Cholesterinwerte, Infektionskrankheiten, Pilze (Candida). Die Dosierung variert je nach Rezept zwischen 1 TL bis 5 EL täglich, zur Einnahme pur oder mit Wasser verdünnt.
Nach Nedoma nicht angewendet werden sollte Oxymel z.B. bei akuten Magenerkrankungen, einer Demineralisierung der Zähne und bei Unverträglichkeiten gegenüber der Inhaltsstoffe. Zudem muss bei Babys bis 12 Monate darauf geachtet werden, dass diese noch keinen rohen Honig einnehmen sollten. Die Darmflora befindet sich im ersten Jahr noch in Entwicklung, weshalb im Honig enthaltene Keime zu Säuglingsbotulismus führen könnte. Auch bei Kleinkindern bis 3‑Jährig empfiehlt Nedoma, nur abgekochtes Oxymel zu verabreichen.
Grundrezept
Das Grundrezept für Oxymel-Tinkturen ist sehr simpel und leicht gemacht. Dafür werden 3 Teile Honig mit 1 Teil Apfelessig und 1 Teil klein geschnittenen Kräutern gemischt und anschliessend für 1–2 Wochen im Dunkeln ziehen gelassen. Danach werden die Kräuter abgesiebt und das Oxymel wird in eine Flasche gefüllt.
Nach diesem Rezept habe ich ein Oxymel mit wildem Dost erstellt, den Beitrag dazu findet ihr hier.

Mir gefällt an Oxymel-Tinkturen besonders, dass sie ohne Alkohol auskommen und daher auch gut von Kindern eingenommen werden können. Ich hoffe auch euch konnte ich mit diesem Eintrag für den Sauerhonig begeistern und auch ihr könnt von dieser sanften Medizin profitieren.
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